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Rezension zu Ziko van Dijk: „Die Vermählung von Klio und Isidor. Geschichte und die Freie Enzyklopädie“.

Die digitale Revolution der letzten Jahre hat auch in der Welt der allgemeinen Enzyklopädien ihre Spuren hinterlassen. Den klassischen Druckausgaben machten mit der Zeit die Ausgaben derselben auf CD-Rom Konkurrenz bis schließlich das Internet und die dort zur Verfügung stehenden Ressourcen alles andere verdrängte. Die Freie Enzyklopädie Wikipedia setzte den traditionellen Enzyklopädien somit ein Ende. Ihre Beliebtheit erfährt sie dadurch, dass sie die unüberschaubare Informationsflut des Internets in einer geordneten Art und Weise zusammenfasst und wiedergibt.  Die Webseite Wikipedia wurde 2001 eingerichtet und zählt zu den meistbesuchten Internetseiten der letzen Jahre. Kostenlos und für alle frei zugänglich ermöglicht Wikipedia die Inhalte unter Beachtung bestimmter Lizenzbedingungen die Inhalte zu kopieren und zu verwenden.

Hauptseite Wikipedia

Die Freie Enzyklopädie Wikipedia wird in vielen Ländern benutzt und genießt nicht nur bei Schülern, sondern auch bei Lehrern immer größer werdende Popularität entgegen der gängigen Meinung, die Lehrer würden diese „hassen“. Die Umfragen zeigen, dass über 53 Prozent der Lehrer Wikipedia zur Unterrichtsvorbereitung nutzen und diese teilweise den speziellen Lehrpattformen vorziehen. Die Schüler dagegen nutzen vorwiegend Hilfsmittel wie die Suchmaschine Google und ähnliche. Nicht desto weniger wird Wikipedia von 36 Prozent der Jungen und 40 Prozent der Mädchen mindestens einmal in der Woche genutzt.

Was bei den meisten (potentiellen) Nutzern Bedenken auslöst, ist die Frage nach der Zuverlässigkeit, die daraus resultiert, dass die Seiten der Webseite jedem zur Bearbeitung freistehen. Die deutschsprachige Wikipedia ist nach „Namensräumen“ Namensräume eingeteilt, von welchen der „Artikelnamensraum“ mit über 1,2 Mio. Wikipediaartikeln den größten darstellt.

Namensräume

Daneben die Seiten, die sich mit der redaktionellen Arbeit befassen oder sich einfach der Gemeinschaftsbildung widmen. Insgesamt ist die Rede von über elftausend Benutzerkonten, die jeweils mindestens 150 Bearbeitungen vorgenommen hatten und einigen Tausend Personen,
die sich im kleineren Kreis an der Arbeit beteiligen. Weitere wichtige
Namensräume sind „Wikipedia“ und „Hilfe“, die Richtlinien enthalten.

Richtlinien   Grundprinzipien

Die Seite von herausragender Bedeutung bildet dabei „Was Wikipedia nicht ist“, welche die Enzyklopädie von anderen Textformen abgrenzt. Betont wird dabei, dass Wikipedia keine Werbe- oder Propagandaplattform, kein Wörterbuch oder Diskussionsforum ist.

Was Wikipedia nicht ist

Zu den weiteren Grundprinzipien gehören der neutrale Standpunkt sowie das freie Wissen.

Im Bereich Geschichte lässt es sich nicht sagen, wie viele Artikel zu geschichtlichen Themen vorhanden sind, da auch die Kategorisierung bei fächerübergreifenden Inhalten Schwierigkeiten bereitet. Die Wikipedianer arbeiten in thematisch angelegten Teams, die an sich keine feste Arbeitsgruppen, sondern Seiten zum Austausch darstellen. Die Artikel können von allen ohne Verbindlichkeiten anonym oder unter einem Pseudonym verfasst und bearbeitet werden. Die Seite „Redaktion-Geschichte“  widmet sich den Geschichtsinteressierten, fungiert als „Anschlagbrett“ und ermöglicht einen internen Austausch unter den Gleichgesinnten.

Redaktion Geschichte

Nicht weniger wichtig sind die Projekt-Seiten , die sich konkret um die Verbesserung bestimmter Themenbereiche kümmern. Hier geht es darum, zu überprüfen, welche thematischen Artikel fehlen, welche in Bearbeitung sind usw. Eine Liste mit Hilfsmitteln verweist unter anderem auf die relevante Literatur für die Artikelschreiber.

WikiProjekte

Nichtsdestoweniger kann es für die Inhalte der Wikipädia-Enzyklopädie keine Garantie geben, da die Artikel  keiner Prüfung durch die fachliche Autorität  unterliegen. Diese werden täglich bis zu 400 an der Zahl von anonymen Freiwilligen erstellt. Die Freiwilligen sind es wiederum, die den offensichtlichen Unsinn mittels einer
Liste der neuesten Veränderungen aus der Wikipedia entfernen oder unvollständige/verbesserungswürdige Artikel mit dem Hinweis „Wartungsbaustein“ versehen. Es steht den Wikipedianern jedoch frei, ihre Artikel auf Wikipedia: Review  zur Begutachtung vorzustellen.

Review

Auch diese Reviews werden thematisch unterteilt.  Doch trotz der zahlreichen Richtlinien, die eine geregelte Organisation sichern sollen, finden diese kaum Beachtung, da auch in Diskussionen kein Bezug auf sie genommen wird.

Die Website Wikipedia ist Eigentum von gemeinnützigen Wikipedia Foundation, die ihren Sitz in den USA hat und in vielen Ländern rechtlich unabhängige Vereine gründet. So auch das 2004 gegründete Wikimedia – Deutschland, welche als ein offizieller Förderverein verstanden werden kann. Diese kooperiert mit traditionellen Institutionen wie z. B. dem Deutsche Bundesarchiv, welches über 80000 Bilder zur Verfügung stellte, wobei auch hier dem Datenschutz hohe Priorität geboten wird.

Die Wikimedia Foundation arbeitet seit 2010 am Campus Ambassador Programm. Dazu sollen Studenten an amerikanischen Universitäten angesprochen werden, die als Freiwillige die Wikipedia-Artikel anlegen oder verbessern. Teilweise wird das Bearbeiten der Artikel von den Dozenten der Universitäten in die Lehre integriert, sodass für diese Leistung auch Punkte vergeben werden können. Auch um Bereich Geschichte kam es 2011 zu der Veranstaltung „Wikipedia trifft Altertum“, die die Althistoriker und die Wikipedianer zusammenbringen sollte.

Obwohl Wikipedia im schulischen Bereich wie auch unter den Studenten häufig und gern genutzt wird, beschäftigen sich die Fachhistoriker nur selten mit dieser. Der Frühneuzeitler Wolfgang Schmale aus Wien äußerte sich in seiner Publikation, Wikipedia habe kein Konzept und die Qualität der unterschiedlichen Artikel würde schwanken. Der Schweizer Historiker Peter Haber dagegen bekennt sich, Wikipedia oft zu nutzen. Im Vergleich verschiedensprachiger Wikipedias allerdings stelle er jedoch eine nationale Färbung in Bezug auf Personen und Ereignisse fest. Gleichzeitig findet er  allgemeine Artikel wie „Frühmittelalter“ oder „Aufklärung“ strukturlos, lückenhaft und als thematischer Einstig für Anfänger nicht geeignet. Er betrachtet Wikipedia eher als ein Lexikon und kein Geschichtswerk, welches interpretatorische Ansätze und Kontextualisierung bieten könne. 2008 wurde Wikipedia mit einer Auswahl an Gegenstücken wie Encyclopedia Britannica, Dictionary of American History und American National Biographie durch Lucy Holman Rector verglichen. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Richtigkeit von Wikipedia weniger als 80 Prozent beträgt und zahlreiche wörtliche Zitate keinen Herkunftsnachweis aufweisen konnten. Brandon Luyt kritisierte 2011, dass Wikipedia nur den Mainstream in der Geschichtswissenschaft widerspiegle, so dass alternative Sichtweisen vermisst werden. Eine eventuelle Möglichkeit Wikipedia als eine Diskussionsplattform für die Forscher zu nutzen, würde jedoch mit der Wikipedia-Richtlinie: „Keine Theoriefindung“ kollidieren.

In „Forschung und Lehre“ vom Februar 2011 wurden die positiven wie die negativen Seiten der Wikipedia zusammengefasst. Start kritisiert wurden dabei die Oberflächlichkeit sowie die nationale Perspektive in der jeweiligen Sprache. Weiterer Kritikpunkt ist die Häufigkeit der auftretenden Fehler aufgrund fehlender Kontrolle, was dazu führt, dass Wikipedia nicht wissenschaftlich zitierfähig ist.

Anzumerken ist auch die schwankende Qualität der Artikel. Die freie Enzyklopädie Wikipedia wurde im Jahre 2006 mit anderen, auch kostenpflichtigen, Enzyklopädien verglichen (Microsoft Encarta, American National Biographie Online und Oxford University Press). Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass Wikipädia im Mittelfeld der Bewertung lag. Dies spiegelt sich auch in der sprachlichen Gestaltung der Artikel wieder. Was jedoch zweifelsohne für die Wikipedia-Enzyklopädie spricht, ist ihre freie Zugänglichkeit, während die anderen nur den Kauffähigen oder den Angehörigen der Universität zu Verfügung steht.

 

Der Autor beginnt seinen Text mit einer allgemeinen Einführung zu enzyklopädischen Werken und stellt die Webseite Wikipedia vor. Bereits am Anfang verweist  Ziko van Dijk auf die Popularität der Webseite in der Bevölkerung und stellt diese anschließend in einer datierten Form dar. Die zuerst angesprochenen Grundprinzipien der freien Enzyklopädie werden allerdings nicht erläutert, sondern der Autor benennt die wichtigsten in einer sehr kurzen Form und mit lediglich nur einem Verweis auf die anderen. Die Thematik des Faches Geschichte in Wikipedia macht der Autor von der Kategorisierung der Themen abhängig. Damit verdeutlich er bereits eines der Probleme der Webseite. Es lässt sich nicht sagen, welchen Anteil die geschichtlichen Themen bilden. Um den Leser jedoch eine Vorstellung zu bieten, nennt der Autor einige wenige Schlagworte aus dem Bereich Geschichte mit den entsprechenden Aufruf-Zahlen, die allerdings nur die Verbreitung der betreffenden Schlagworte wiederspiegeln, den Bereich Geschichte jedoch nicht abdecken.  Deutlich präziser wird dagegen die Arbeitsweise der Wikipädianer in Gruppen, Portalen und Redaktionen dargestellt, die teilweise die Frage nach dem Entstehen der Artikel beantworten und somit der Problematik des anonymen Verfassen sowie der Zuverlässigkeit der Inhalte etwas näher kommt. Dennoch weist van Djik deutlich darauf hin, dass die Inhalte von keinem Fachmann geprüft werden, so dass für diese keine Haftung übernommen wird, wobei auch der Begriff „Quelle“ nicht außer Acht gelassen wird und die an Wikipedia beteiligten Partner benannt werden. Positiv anzumerken ist, dass sich der Autor nicht nur mit den Formalien der Webseite auseinandersetzt, sondern auch die Meinungen der Fachleute, deren Kritik und die Forschungsliteratur mit einbezieht. Ein Vergleich zwischen Wikipedia und anderen elektronischen Enzyklopädien verdeutlich noch mal alle Vorteile und Nachteile der Webseite Wikipedia gegenüber den Konkurrenten.

 

Rezension zu Van Dijk, Ziko: Die Vermählung von Klio und Isidor. Geschichte und die Freie Enzyklopädie Wikipedia, in: Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften, Nr. 1 (2012), online abrufbar unter: http://universaar.uni-saarland.de/journals/index.php/zdg/article/view/291/356.

Elena Schott


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